Aktuelle Buchempfehlung:
Dem Humor Loriots auf der Spur
      Dietrich Grünewald
  „Loriot und die Zeichenkunst der Ironie“
      Christian A. Bachmann Verlag, Berlin 2019; 175 Seiten;  16 Euro;      ISBN 978-3-96234-023-0
      In seinem neuen Buch widmet sich Dietrich Grünewald  nicht allein Loriots Bildwelten. In loser Reihung führt er durch eine  erheiternde Bilderwelt, deren Zusammenhang durch die Anzug und Hut tragenden  Knollennasenmännchen entsteht. Das gewählte Kleinformat bedingt mitunter  Leseprobleme, wenn in Abbildungen Schrift enthalten ist. Loriots Zeichnungen  werden stets einer Vielzahl von historischen Vorläufern bzw. thematisch  verwandten Werken anderer Karikaturisten gegenübergestellt. Karikierende Bezüge  zu aktueller Kunst sowie die Kritik daran bleiben nicht ausgespart. Grünewald  analysiert die humoristischen Strategien und legt so – zur Nachahmung empfohlen  – die Wege zum Lachen offen. Hierzu zählt die Provokation des Betrachters, der  in vielen „mit despektierlichem Blick“ gezeichneten Bildern  seinem eigenen Alltag begegnet, durch ein verstörendes Moment zum Nachdenken,  zur Reflektion über sich und seine Gewohnheiten gebracht wird. Das Spiel mit  dem Unerwarteten, mit dem Absurden benötigt also den Betrachter als Komplizen,  dem unterschiedliche Leistungen abverlangt werden, je nachdem, ob  Ein-Bild-Geschichten oder Bildfolgen vorliegen. „Der Künstler ist Herr  seiner Bildwelten“, diese entstehen jenseits der empirischen Logik als „Eigenwelt  des grafischen Spiels“. Eine beliebte Strategie ist der Rollentausch – Grünewald  verweist auf die Möglichkeit diesen im Unterricht vor dem kunsthistorischen  Hintergrund der „verkehrten Welt“ etwa der Bilderbögen des 18. oder 19.  Jhdts zu entwickeln. Die Beispiele des Rollentauschs, bezogen auf das  Geschlechterverhältnis, durchexerziert mit Gartenzwergen oder Tieren haben  schlicht Aufforderungscharakter – sie sind wohl bereits fester Bestandteil des  kunstpädagogischen Repertoirs. Neben der Fotomontage thematisiert Grünewald die  Ergänzung vorgefundener Fotografien durch „mithandelnde“ Comicfiguren; auch  dies stellt eine dankbare Aufgabe für den Unterricht dar. Eine Vielzahl  aktueller Themen, so die Verspottung politischer Phrasendrescher, die  Umweltverschmutzung oder die karikaturhafte Absurdität, zu der das  Selbst-Design in Mode und Frisur mitunter führt, wirft nicht nur weitere  praktische Aufgabenstellungen für den Unterricht ab, sondern könnte die  Hoffnung nähren, eine Erziehung zu Humor sei möglich... Die Erkenntnis, dass  ein guter Witz nicht politisch korrekt zu sein hat, mag dabei ein Wegbegleiter  sein; Humor „gibt ... mit seiner Kritik am Falschen wichtige Denkimpulse“.  Die Kooperation von Zeichner und Betrachter legt fest, was das „Falsche“ ist.  In Ergänzung des Tucholsky – Zitates mag festgehalten werden: Kaum reißt jemand  einen guten Witz, „dann sitzt halb Deutschland auf dem Sofa und nimmt übel“.  Wir beobachten, dass kaum noch Witze erzählt werden, der homo oeconomicus zum  Lachen in den Keller geht und nur noch der Flachwitz so genannter Comedians  Konjunktur hat? D. Grünewald zeigt uns: Humor ist gleichsam didaktisches  Material „um das Leben ein wenig besser zu meistern“, mit ihm und durch  ihn gelingt somit ein Stück weit fundamentales Lernen für das Leben.
