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Ein Blick auf die Fortbildung "Kunst im Austausch“ 2019

Zweieinhalb Tage lang gemeinsam mit Lehrerkolleg*innen künstlerisch praktisch zu arbeiten, womöglich noch eine neue künstlerische Technik auszuprobieren, das bedeutet endlich mal wieder Zeit und Gelegenheit für eigene gestalterische Tätigkeit und erfordert aber auch eine gewisse mentale Energie sich neu und erneut herausfordern zu lassen, man könnte sagen: Das Verlassen der Komfortzone. Es gilt, die persönlichen Erwartungen zu reflektieren, der Gruppe unvoreingenommen zu begegnen und schließlich den Sprung ins kalte Wasser des künstlerischen Prozesses zu wagen. Natürlich hat man oder frau das vor vielen Jahren schon gemacht … aber im schulischen Alltag richtet sich der Fortbildungs-Blick oft auf die direkte Nutzbarkeit im Unterricht oder den Rückzug in die eigene Kreativität als persönliches kleines Glück.

Die Kolleg*innen kamen aufgeschlossen und hoch motiviert, um in den Räumen und Werkstätten der Kunsthochschule Mainz unter Anleitung von Künstlerinnen und Kolleginnen die eigenen Grenzen weiter zu stecken. Experimentelle Handzeichnung, Radierung und Kaltnadel sowie Siebdruck konnten zweieinhalb Tage lang intensiv ausprobiert und angewandt werden, um eigene Ideen Gestalt annehmen zu lassen. Dabei gab es kein übergreifendes Thema, keine obligatorische Schlusspräsentation. Die Gruppe fungierte als Resonanzraum, aber nicht als Ratgeber, die Dozentinnen vermittelten technisches Können und Impulse für praktische Erfahrungen, ohne den künstlerischen Prozess ergebnisorientiert zu steuern.

So wurde beispielsweise im Siebdruck das Pferd von hinten aufgezäumt, indem am ersten Nachmittag alle Teilnehmer*innen mit einem belichteten Sieb arbeiten könnten. Wie makellose Reproduktion und farbige Raffinesse funktionieren würden, war danach klar - die Arbeit konnte beginnen. Mit leeren Sieben, Papierschablonen und den Grundfarben wurden ab Tag 2 die Reize der Technik erkundet; langsam gewannen die Teilnehmenden Sicherheit bezüglich Farbmenge, Rakeldruck und -Haltung. Wie filigran kann ich mit diesen Mitteln arbeiten? Und ist das überhaupt nötig, um ein „gutes“ Ergebnis zu erzielen? Wo liegen die Stärken und Schwächen der Technik? Immer wieder wurden Beispiele der namhaften Vertreter wie Andy Warhol gezeigt, berichtete die Dozentin Ellen Löcher aus ihrer eigenen Erfahrung mit der Technik und zeigte, wo - mit mehr Zeit und professionellerem Equipment - die Entwicklung hingehen könnte. Ein Spielraum zwischen technischer (Ein-) Übung und gestalterischem Experiment tat sich auf.

Im Workshop experimentelle Handzeichnung regte die Referentin Nikola Jaensch dazu an, einen individuellen Gestus zu entwickeln. Ausgehend von konkreten Anschauungen, wie dem Stillleben oder der Aktzeichnung, wurde inneren Bewegungen nachgespürt, um einen individuellen Ausdruck zu entwickeln. Dabei wurden vielfältige individuelle Zugänge ermöglicht, der eigenen Linie und dem Verhältnis von Linie und Fläche nachgegangen, mit diversem Zeichenmaterial experimentiert. Die Ergebnisse überraschten die Teilnehmer hinsichtlich Variation, der Stärke des individuellen Ausdrucks sowie der in so kurzer Zeit erreichten Qualität. „Ich hätte es nicht für möglich gehalten so schnell wieder reinzukommen und zu so guten Ergebnissen zu gelangen!“ äußerte ein Teilnehmer.

In der Abschlussbesprechung wurde formuliert, was sich zuvor schon in der ausdauernden Arbeit aller Teilnehmenden gezeigt hatte: Genau dieser Spielraum war beflügelnd und wurde geschätzt. Im Licht dieser eigenen Erfahrung wurde deutlich, was für eine große und viel versprechende Aufgabe es ist, Schüler*innen dazu zu bewegen, ihre Komfortzone zu verlassen, etwas Neues zu erobern und dabei nicht locker zu lassen. Dieser erstaunlich komplexe Bezug zum beruflichen Alltag und die Befriedigung angesichts der Breite der gemachten praktischen Erfahrungen sorgten dafür, dass die meisten Teilnehmer*innen sich eine weitere Auflage von „Kunst im Austausch“ wünschten.

Ellen Löcher

Die Fortsetzung der Praxisfortbildung „Kunst im Austausch“ findet vom 7.-9. Oktober 2020 (wieder direkt vor den Herbstferien) statt. Die aktuellen Workshopangebote entnehmen Sie bitte der Ausschreibung im Bildungsserver bzw. im Veranstaltungskatalog des ILF.


Fortbildung 25. bis 27.09.2019
"Kunst im Austausch"

Künstlerisch tätig sein und ästhetische Prozesse nicht nur begleiten sondern selbst erfahren –
all das scheint im Unterrichtsalltag beinahe unmöglich zu sein…
Eine mehrtätige Fortbildung in der Kunsthochschule Mainz bietet Lehrkräften im Fach Bildende Kunst die Möglichkeit zum eigenen künstlerisch-praktischen Tun in den Bereichen Malerei und Grafik. Für die unterrichtspraktische Tätigkeit stellt gerade im Fach Bildende Kunst die eigene praktische
Erfahrung eine wesentliche Voraussetzung dar. Diese Fortbildung bietet die Möglichkeit sich relevante Grundlagen anzueignen, diverse Möglichkeiten des Materials durch eigenes Ausprobieren zu erfahren und sich innerhalb einer Technik weiterzubilden, um den gestalterischen Prozess der Schülerinnen und Schüler im Unterricht kompetent zu begleiten.
Im Kontakt mit den Lehrenden an der Hochschule und erfahrenen Künstlern soll ein kreativer Austausch für Kunstlehrende jeden Alters und Erfahrungsstandes stattfinden.
In diversen Workshops bieten unsere künstlerischen Referenten, sowie die Werkstattleitungen für Grafik und Malerei der Kunsthochschule Mainz Erfahrungsräume im Bereich Malerei, Zeichnung und druckgrafischer Techniken an.
Workshop 1
Farbe・Material・Fläche Referent: Markus Wohn (10 TN)
Nach dem Bau von Leinwänden werden sich die Teilnehmer der eigenen künstlerisch-praktischen Tätigkeit zuwenden. In Analogie zu exemplarisch gewählten zeitgenössischen Malern werden Erfahrungen in verschiedenen Farbsystemen und mit unterschiedlichen Auftragstechniken gesammelt.
Der gemeinsame Austausch über künstlerische Wege zum Bild soll gleichermaßen im Vordergrund stehen wie die Erweiterung des persönlichen malerischen Repertoires.
Workshop 2
Freie, experimentelle Handzeichnung Referentin: Nikola Jaensch (10 TN)
Die Teilnehmer erkunden die vielfältigen Möglichkeiten des zeichnerischen Mediums, ob als abstraktes Ausdrucksmittel oder in ikonographischen Themen, (wie Stillleben und Figur/ Akt): Auf welche Art und Weise stellt sich ein persönlicher Ausdruck beim Zeichnen ein, vergleichbar dem
Charakter der eigenen Schrift? Wie entwickle ich eine eigene Linie, die organische Beobachtung widerspiegelt? Wie entsteht Raum durch die Linie? Wie definiert ein Linienbündel die Körperlichkeit eines Objektes/einer Figur? Welche Schraffuren bringen die Dinge der Welt in eine rhythmische Schwingung und welche verhindern dies? Wie verankere ich Prinzipien der gestalterischen Komposition als tragendes Gerüst in einer Zeichnung?
Workshop 3
Siebdruck Referentin: Ellen Löchner (6 TN)
Der Siebdruck erlaubt es, jegliche Art von schwarzweißer Vorlage farbig abzudrucken und zu kombinieren. Mit dem leeren Sieb widmen wir uns zunächst der Erkundung von lasierenden und opaken Farben (Gouache) sowie der abstrakten Form. Anschließend belichten wir nach gemeinsamer Absprache verschiedene Motive in die Siebe, die getauscht werden können. So kann jede/r
Teilnehmende die Bildwirkung von fotografischen, gezeichneten oder gegenständlich ins Sieb belichteten Motiven erkunden.
ILF Veranstaltungsnummer 19i404100
Workshop 4
Radierung – Kaltnadel und Ätzradierung Referentin: Katrin Graalmann (8 TN)
Von der klassischen Kaltnadel auf Zinkmetall, Rhenalonplatten oder alternativen Druckträgern hin zu
experimentellen Techniken wie der Monotypie und dem Collograph erforschen wir druckgraphische Möglichkeiten, insbesondere der Radierung. Dabei wird der Umgang mit den Maschinen geübt und Wissenswertes über Werkzeuge und Materialien vermittelt. Neben Raum für eigenständige
Experimente kann auch eine Strichätzung die graphischen Erkundungen am letzten Tag des Workshops abschließen.
Bitte geben Sie bei der Anmeldung einen Wunsch an, welchen Workshop Sie wünschen. Die definitive Einteilung in die Workshops erfolgt am ersten Tag.

Geplanter Ablauf:
TAG 1 25.9.19
15.00 Begrüßung durch den Rektor der Kunsthochschule Dr. Martin Henatsch
und durch Kunstdidaktikdozentin Henrike Plegge
15.30 Einteilung der Workshops
16.00 Einführung in den Workshops durch die ReferentInnen bzw. DozentInnen,
Einrichten des Arbeitsplatzes
Voraussichtliches Ende 18.00
TAG 2 26.9.19
9.00
- 12.00 praktisches Arbeiten in den Workshops mit flexibler Pause
12.00 Mittagspause
13.00
- ca. 18.00 Arbeiten in den Workshops
TAG 3 27.9.19
9.00
- 12.00 praktisches Arbeiten in den Workshops mit flexibler Pause
12.00 Mittagspause
13.00
-16.00 praktisches Arbeiten in den Workshops
16.00 Pause
16.30 Abschlussrunde im Plenum
Voraussichtliches Ende 17.00

In Kooperation des BDK Fachverbandes für Kunstpädagogik Rheinland-Pfalz mit der Kunsthochschule Mainz
Veranstalter: ILF Mainz
Veranstaltungsort: Kunsthochschule Mainz

ILF Veranstaltungsnummer 19i404100

> zur Anmeldung für die Fortbildung

>Info als PDF